Xxii. §. 8. Die neue Staatskunst der luxemburgischen Kaiser. 440
§.8. Die neue Staatskunst der luremburgischen Kaiser.
Kehren wir aus diesem stillen Kreise auf das Gebiet des öffent-
lichen Lebens und der Völkergeschichte zurück, so begegnet uns da
freilich sogleich wieder der schneidende Luftzug der sich vorbereitenden
neuern Staatskunst, die aller höheren Interessen bar sich lediglich auf
den Eigennutz gründet und über den nächsten in die Augen fallenden
Vortheil der eignen Person und des eignen Landes keine weitere Ver-
pflichtung für die höheren und allgemeineren Angelegenheiten der Chri-
stenheit anerkennen will. Nicht umsonst hatte Kaiser Karl Iv. seine
Erziehung und erste Ausbildung in Frankreich und Italien empfangen.
Durch ihn kamen die französischen Regierungsgrundsätze zuerst nach
Deutschland. Er wie seine Söhne Wenzel und Si egmund, die nach
ihm die Kaiserkrone getragen haben, konnten die französische Charak-
terlosigkeit und Leichtfertigkeit nie verleugnen. Nur trat das welsche
Wesen in verschiedener Weise frei ihnen hervor; bei Karl mehr als
ränkesüchtige Geriebenheit, gewandte Ueberlistung seiner Gegner und
gewissenlose Ausbeutung fremder Treue und Gutmüthigkeit für den
eignen Vortheil. Bei Wenzel dagegen erscheint mehr die franzö-
sische Rohheit, Rücksichtslosigkeit, Grausamkeit, die schändliche
Tyrannei französischer Gewalthaber, und bei Sieg mund die seine
und galante Art des äußern Wesens und die gewinnenden und
bestechenden Manieren in der äußern Erscheinung, verbunden mit
leichtsinniger Flatterhaftigkeit, Oberflächlichkeit und einer mehr ver-
wirrenden als heilbringenden äußerlichen Geschäftigkeit. Von ihren
Verpflichtungen für das deutsche Reich und für die gesammte Chri-
stenheit hatten sie keinen Begriff oder wollten sich solcher Bürde,
wenn sie nicht zugleich Vortheil und Ehre brachte, nicht unterziehen.
Somit überließen sie das Reich sich selber und sorgten nur für ihre
Erbländer. So viel neue Noth und Verwirrung dieses abermalige
Zurücktreten der Kaisergewalt über Deutschland brachte, so muß man
doch sagen, es war für die Deutschen ein Glück und ein nicht ge-
nug zu preisender Rathschluß göttlichen Wohlgefallens, daß sie nicht
bloß von der päpstlichen Knechtschaft, sondern auch von der kaiserlichen
Vormundschaft gerade zu der Zeit befreit wurden, da sie alle Bildungs-
mittel und Hülfen zu einer freien und selbständigen Entwicklung in
reichem Maße empfangen hatten. Welch ein jammervoller Zustand,
wenn auch das deutsche Volk unter ein ähnliches Joch gerathen wäre,
wie die welschen Völker, insonderheit die Franzosen; wenn solche De-
spoten, wie der halbfranzösische Wenzel einer war, die Deutschen in
v. Rohden, Leitfaden. 29
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T71: [Mann Volk Leben Sitte Zeit Vater Liebe Frau König Jugend]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Iv Karl Karl Karl
Extrahierte Ortsnamen: Chri- Frankreich Italien Deutschland Deutschland
564 Xxv. §. 2. Die Revolutionen in England und der Deismus.
Parlament war weder mit ihm noch unter sich selber einmüthig. Ka-
tholiken und Royalisten tauchten überall wieder auf, Verschwörungen
gegen sein Leben mehrten sich von Jahr zu Jahr. Als er 1658 starb,
hatte er wohl Frieden mit seinem Gott, aber auch die demüthigende
Aussicht, daß das Werk seines Lebens vor Gott nichts Anderes als
Holz, Heu und Stoppeln gewesen sei und schnell vom Feuer verzehrt
werde. Der flüchtige Königssohn Karl Ii. ward wieder auf den
Thron gesetzt, aber er brachte zu der Unzuverlässigkeit und Charakter-
losigkeit seines Vaters noch ein stärkeres Liebäugeln mit dem Katho-
lieismus und eine schmachvoll ausschweifende Sittenlosigkeit mit hinzu,
so daß seine Regierung unter unablässigen Stürmen verlief. Er starb
1685, und sein Bruder und Nachfolger Jakob Ii., der geradezu zur
katholischen Kirche übertrat, ward vom Thron ausgeschlossen und nur
seinen protestantischen Familiengliedern die Nachfolge gestattet (1688).
So hatte denn Europa in England das erste Beispiel des revolu-
tionären Umsturzes eines Königsthrones und der Hinrichtung eines recht-
mäßig angestammten Königs durch die rücksichtslose Gewaltherrschaft
einer Volksmasse. So schrecklich ein solcher Vorgang an sich ist, so
ward er doch hier noch schrecklicher dadurch, daß er von einem prote-
stantischen, besonnenen, rechtseifrigen Volke geübt ward, noch schrecklicher,
weil er als die Frucht einer religiösen Begeisterung, als das Ergebniß
einer besondern göttlichen Erleuchtung erscheinen wollte. Auch die Hol-
länder hatten sich von ihrem Fürsten lvsgerissen und sich eine republi-
kanische Verfassung gegeben, und es ist wohl unzweifelhaft, daß das
glückliche Gelingen ihres Abfalls und das rasche Aufblühen und Ge-
deihen der holländischen Republik viel zu den Entschlüssen der englischen
Republikaner beigetragen hat. Aber die Sachen lagen doch in Holland
ganz anders. Es war ein Glied des deutschen Reichskörpers, und wollte
es vor der Hand auch bleiben, es blieb unter seinen altgewohnten Obrig-
keiten, als es dem fremdländischen Oberherrn, der sich in einen Feind
des Landes verwandelt hatte, den Gehorsam versagte. In England
dagegen stürzte man die bestehenden Gewalten gänzlich um, setzte ganz
neue und andersartige ein und sprach dem Volke das Recht zu, über
seinen König zu richten und sich selbst eine Regierung zu bestimmen
nach eignem Belieben. In Frankreich während der Regierung
Heinrich's Iii. und Iv. hatten die Jesuiten den verhängnißvollen
Gundsatz von der Volkssouverainetüt zuerst aufgebracht. Jetzt
las man auch in protestantischen Schriften, man hörte es von den pro-
testantischen Kanzeln Englands, daß das Königthum keineswegs von
Gottes Gnaden herrühre, sondern von Volkes Gnaden. Die schreck-
lichen Stichwörter Freiheit und Gleichheit danken ihren Ursprung
den levellistischen Banden Cromwell's. Die alten Forderungen aus
den Bauernkriegen der deutschen Reformationszeit tauchten wieder auf.
Da ist es uns, als wenn wir auch den zweiten jener unreinen Geister
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T74: [Frankreich England Spanien Krieg Frieden Rußland Italien Holland Preußen Deutschland], T42: [Körper Wasser Luft Blut Mensch Pflanze Haut Tier Speise Stoff], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T103: [England Krieg Frankreich Spanien Franzose Engländer Flotte Jahr Holland Frieden], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T124: [Wasser Luft Sauerstoff Körper Stoff Kohlensäure Teil Feuer Pflanze Kalk]]
Extrahierte Personennamen: Karl_Ii Karl Jakob_Ii
Extrahierte Ortsnamen: England Europa England Holland England Frankreich Englands Gottes Gnaden
Xxiv. §. 8. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, 1618. 845
bis 1590, der gewaltigste und thatkräftigste Papst, der seit langer Zeit
auf dem Stuhl zu Rom gesessen) verwendeten unaufhörlich ihre rei-
chen Gelvmittel zur Förderung der katholischen Interessen. Ihre Ge-
sandten, ihre Nuntien fliegen unermüdlich hin und her. Ueberall
. haben sie ihre Fäden eingeschlagen, überall sind sie um die Fürsten her
geschäftig. Da, wo sie die Fürsten aus ihrer Seite haben, predigen
sie dem Volk den unterthänigsten Gehorsam, wo aber der Fürst ein
Ketzer ist, da predigen ste Aufruhr und Mord. Erst am Schlüsse des
Jahrhunderts (1598) steigt der alte Monarch, dessen Seele ausschließend
in den großen Entwürfen der katholischen Eroberungen sich bewegte,
Philipp Ii., in's Grab. Ein Mann ohne Gefühl, ohne Verständniß,
ohne Sehnsucht für irgend ein Anderes, was das menschliche Gemüth er-
füllen könnte außer der Erhebung und Ehre der katholischen Kirche.
Um ihretwillen hat er sein Land zu Grunde gerichtet, Geld und Men-
schenblut fast mit wahnsinnigem Eifer vergeudet und die Waffen nicht
eher aus der Hand gelegt, als bis die äußerste Erschöpfung seiner
Staaten ihn nöthigte. Aber der blutigste Krieg entzündete sich erst
nach seinem Tode.
§. 8. Ausbruch des dreißigjährigen Krieges, 1618.
Indem sich in Deutschland Alles zu einem Kampf zwischen
den beiden Parteien, Katholiken und Protestanten, anließ, schienen in
den östreichischen Erblanden die schwer bedrängten Evangelischen noch
einmal ihr Haupt erheben zu können. Sie hatten dem Erzherzog Mat-
thias, Bruder des Kaiser Rudolf, geholfen, eben diesen Bruder
eines Theils seiner Länder zu berauben, ihm Ungarn, Oestreich und
Mähren abzugewinnen. Dafür hatte er ihnen die Freiheit ihrer Re-
ligion gewährleistet. Die Böhmen, welche drohten, Rudolf eben-
falls zu verlassen, empfingen von diesem dieselben Zugeständnisse durch
einen feierlichen Majeftätsbries. Desungeachtet brachen die Böhmen
dem alten Rudolf die Treue und wandten sich gleichfalls dem Mat-
thias zu. Matthias aber, der 1612 auch Kaiser geworden war,
bestellte bei seiner eignen Kinderlosigkeit seinen Vetter Ferdinand
zum Nachfolger in sämmtlichen Erblanden. Nun wußte man aber
hinlänglich, wie der unerbittliche Ferdinand es in seinem Steiermark,
Kärnthen und Kram mit den Protestanten gemacht hatte. Deshalb
trugen die Böhmen Bedenken, ihn als ihren künftigen Herrn anzuer-
kennen. Als er aber gar seine neue Stellung gleich dazu mißbrauchte,
um den böhmischen Majeftätsbries zu verletzen, da erhob sich (1618,
Mai) zu Prag eine Empörung gegen den kaiserlichen Statthalter.
Die Jesuiten wurden aus dem Lande gejagt, alle Protestanten in
Oestreich und im deutschen Reich zur Beihülfe aufgerufen, die kaiser-
v. Rohden, Leitfaden. 35
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr]]
TM Hauptwörter (100): [T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T90: [Luther Kirche Lehre Schrift Wittenberg Papst Kaiser Reformation Jahr Konzil]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T191: [Karl Sohn König Tochter Haus Kaiser Ludwig Herzog Tod Johann], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land], T26: [Kaiser Luther Papst König Wort Gott Tag Sache Fürst Schrift], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden]]
Extrahierte Personennamen: Philipp_Ii Philipp Rudolf Rudolf Oestreich Rudolf_eben- Rudolf Rudolf Rudolf Matthias Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Ungarn Oestreich
550 Xxiv. §. 9. Gustav Adolf in Deutschland, 1630-32.
des Papstes, der die Uebermacht des Kaisers gleicherweise zu fürch-
ten beginnt, betritt er den deutschen Boden — das ist kein Religions-
krieg mehr. Auch waren die deutschen Fürsten sich der Gefahr, die
ihnen aus dem Einmischen der Schweden erwuchs, sehr wohl bewußt.
Keiner von ihnen hatte sie gerufen, so trat auch keiner mit ihnen in
Bündniß, als sie nun da waren. Vielmehr hatten sie soeben bei der
Größe der Gefahr, die alle, katholische, wie evangelische, von dem über-
mächtigen Kaiser zu befürchten hatten, bei dem unsäglichen Elend, mit
welchem die kaiserlichen Heere das ganze Land erfüllten, sich noch ein-
mal, man mag sagen, das letzte Mal, geeinigt, hatten den Kaiser
gezwungen, einen Fürstentag nach Regensburg zu berufen, und
waren ihm dort so entschieden entgegengetreten, daß er seinen allge-
mein verhaßten Generalissimus Wal len stein entlassen, das Restitu-
tionsedict wenigstens ausschieben und sein Heer verringern mußte.
Es war vorauszusehen, daß, wenn der Kaiser fortgefahren hätte, den
unumschränkten Herrn zu spielen, sich die ganze Macht der katholi-
schen Liga wider ihn gewendet hätte. Für die deutsche Freiheit war
also ohne die Schweden immer nur wenig zu fürchten, durch die
Schweden Alles. Eine andere Frage aber ist, wie es ohne sie dem
Protestantismus ergangen wäre.
Die ersten Bewegungen Gustav Adolf's in Deutschland waren
nicht glücklich. Während er sich mühsam von Pommern, wo er ge-
landet war (1630), durch Brandenburg hindurcharbeitete, deffen Kur-
fürst ihn als unberufenen Eindringling behanvelte, fiel Magdeburg
in die Gewalt des katholischen Heeres, und die gänzliche Zerstörung
dieser altprotestantischen Stadt mußte wohl ein Jammergeschrei und
Entsetzen durch alle protestantischen Lande erregen. Erst nachdem es
dem Schwedenkönig unter dem Eindruck dieses Ereignisses gelungen
war, außer mehreren kleinen Fürsten auch Brandenburg und Sachsen
zum Anschluß an ihn zu bewegen (die kleineren Fürsten, z. B. die Her-
zöge von Mecklenburg mußten seine Vasallen werden), da entschloß er
sich zu einer entscheidenden Schlacht. In den Ebenen von Leipzig, wo
seitdem so oft noch blutige Schlachten von Fremden auf deutschem Bo-
den geschlagen werden sollten, bei Breitenfeld errang Gustav
Adolf jenen glänzenden Sieg, welcher mit Einem Schlage die kai-
serlich katholische Macht auseinanderwarf und ihm ganz Deutschland
wehrlos in die Hände gab. Durch Thüringen und Franken ging sein
Zug bis an den Rhein. Denn am Rhein und Main gedachte er zu-
nächst die schönsten Gauen zum eignen Besitz sich auszusuchen. Darum
gab er auch dem unglücklichen pfälzischen Kurfürst Friedrich, der
das ganze Elend angestiftet hatte, sein angestammtes Erbe trotz alles
Bittend und Drängens nicht zurück, sondern hielt ihn mit Versprechun-
gen und demüthigenden Bedingungen hin, bis ihn der Tod ereilte.
TM Hauptwörter (50): [T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
TM Hauptwörter (100): [T85: [Friedrich Schlacht Heer Sachsen Schlesien Sieg König Böhmen Feind Kaiser], T86: [Kaiser Protestant Katholik Fürst Kurfürst Land Kirche Karl Reichstag Krieg], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser]]
TM Hauptwörter (200): [T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T40: [Protestant Kaiser Kirche Katholik Reichstag Jahr Lehre Reformation Augsburger Land]]
Extrahierte Personennamen: Gustav_Adolf Gustav Adolf Gustav_Adolf's Gustav Gustav
Adolf Gustav Adolf Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Schweden Regensburg Schweden Deutschland Pommern Brandenburg Magdeburg Brandenburg Sachsen Leipzig Breitenfeld Deutschland Rhein Rhein Main
Xxv. §. 10. Deutschlands sittliche und politische Wiedergeburt. 621
den, ehe es um uns anders wird. War auch das Ziel, das zu errei-
chen sei, noch völlig unklar, so war doch schon das ein großer Gewinn,
daß man anfing, sich nach etwas Besserm zu sehnen. Und noch ein
anderer Gewinn ging damit Hand in Hand, in den sittlichen Zu-
ständen der deutschen Nation. Wie war man auch da auf der einen
Seite so gar reich und satt gewesen und glaubte nichts zu bedürfen;
und auf der andern Seite bei erkanntem Verderben so gleichgültig, lau
und träge und wollte nichts abändern lassen an den althergebrachten
verkommenen Zuständen. Welch ein Segen nun, daß man einmal
das Brod der Thränen essen mußte, daß die freche Rüuberhand den
Reichthum und die Ueppigkeit hinweggenommen hatte, mit der man
sich so schwer versündigte. Welch ein Segen, daß auch die Trägsten
einmal aufgeweckt wurden aus ihrem Schlendrian, daß die Fürsten und
Regierungen erkannten, hier handle es sich um Leben und Dasein.
Hundert ehemalige kleinere deutsche Herrscher, Grafen und Aebte, Für-
sten und Ritter waren wie mit Einem Schlage zermalmt, über jedem
Haupte hing das Damoklesschwert. Und wie stand es um die Liebe
ihrer Unterthanen? Sie harren sie fast alle verscherzt und durften bei
ihnen auf keinen Eifer zur Erhaltung ihres Thrones und Hauses rech-
nen ■— da mußte Wandel geschasst werden. Das begriss man an kei-
nem Ort so schnell und gründlich wie innerhalb des hohen und erlauch-
ten Fürstenhauses der Hohenzollern. War Preußen am tiefsten
von den Schlägen des Gewalthabers in den Staub gebeugt, so hat es
auch am ehesten erkannt, wo der Schaden liege und wie zu helfen sei.
Was ist durch die großen Staatsmänner Stein und Hardenberg
nicht alles aufgeräumt unter den unsittlichen, verkommenen, lähmenden
Einrichtungen im preußischen Staate. Vielleicht im ersten Eifer zu
viel, so daß eine spätere Zeit Manches hat wieder aufnehmen müssen.
Wie ist der Bauernstand, wie sind die Städte gepflegt und gehoben,
wie trefflich sind die Verwaltungsbehörden eingerichtet, vor allen Din-
gen welch eine Heereskraft ist in den wenigen Jahren, fast unbemerkt
vor den Argusaugen des toddrohenden Verfolgers entwickelt. Es war,
wie wenn hier und da und aller Orten eine Anzahl Pulvertonnen be-
dächtig gefüllt würden — nur ein Signal, ein Funke und allüberall
brechen unter furchtbarem Krachen die Flammen hervor und verschlin-
gen und vernichten Alles, was sich sicher und sorglos in ihrer Nähe
hielt.
§. 10. Deutschlands sittliche und politische Wieder-
geburt.
Und endlich kam die Zeit, die große, die denkwürdige Zeit, da
der Herr das Seufzen der Elenden erhörte und seine Herrlichkeit of-
fenbarte und Rechnung hielt mit dem übermüthigen Werkzeug seiner
Gerechtigkeit und es zu Boden stürzte, zerschlug und zerschmetterte. Na-
poleon's unersättliche Eroberungsgier war zu einer unheilbarenkrank-
heit bei ihm geworden. So lange er noch fremde und unabhängige Für-
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T52: [Mensch Leben Volk Gott Geist Zeit Religion Mann Glaube Herz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele]]
TM Hauptwörter (200): [T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T166: [Mann Volk Sitte Zeit Geist Tapferkeit Wesen Leben Sinn Charakter]]
442 Xxii. §. 5. Erstes Hervortreten Frankreichs zur Demütigung rc.
Das französische Reich, welches uns hier zum ersten Male in so
gewaltsamer Weise entgegentritt, hat unter dem capetingischen Königs-
geschlecht (seit 987) eine ganz andere Entwicklung genommen, als unser
deutsches Reich. Von dem Glanz und der Thatkraft und Größe deut-
scher Kaiser haben wir bei den französischen Königen nichts zu erwar-
ten. Sie waren lange Zeit hindurch ziemlich ohnmächtige Fürsten, die
nur in einem kleinen Theile des Landes, in dem eigentlichen Franzien
eine wirkliche Herrschaft ausübten. Alle die ringsum liegenden Land-
schaften, die Normandie, Champagne, Flandern, Burgund, Toulouse,
Guyenne u. s. w. gehörten Vasallen, welche mächtiger waren, als der
König selbst und sich wenig um ihn kümmerten. Da war es nun die
schwere, Jahrhunderte in Anspruch nehmende Aufgabe der französischen
Könige, diese großen Herren allmälig zu beugen, sie wenigstens zur
Anerkennung der oberrichterlichen Gewalt ihres Königs zu bringen.
Das war ihnen durch List und Gewalt zum großen Theil gelungen.
Einen Theil der Provinzen, z. B. Normandie und Toulouse, hatten sie
sogar völlig unterworfen und unter ihre eigne Herrschaft gebracht.
Die noch übrigen Herzöge und Grafen wurden durch Verschwägerungen
an die königliche Familie gefesselt, und die gerechte und uneigennützige
Regierung Ludwig's des Heiligen hatte endlich allen Widerstand der
Großen beseitigt. Jedermann fühlte sich wohl unter einem so väter-
lichen Regiments. Eine so wohl begründete und befestigte Macht kam
nun in die Hände des ehrgeizigen, unternehmenden, vor Nichts zurück-
weichenden Philipp Iv. Die königliche Gewalt zur alleinigen
unumschränkten Gewalt in ganz Frankreich zu macken, das war das
klar bewußte Ziel seines Strebens. Adel und Geistlichkeit wußte er
aus geschickte Weise ihres Ansehens und Einflusses im Volk zu berau-
den, indem er die ganze Verwaltung, vor Allem die ganze Gesetzgebung
und Gerichtsbarkeit in die Hände besonderer Rechtskundiger (Juristen,
damals Legisten) brachte, die, meist aus dem niedern Volk hervorgegan-
gen , mit diesem zu immer größerer Bedeutung emporstiegen und in
Parlamenten, Steuerkammern, ständischen und städtischen Versammlungen
ihre Wichtigkeit fühlen lernten, aber mit unwandelbarer Treue dem
König anhingen, der sie erhoben hat und augenblicklich wieder stürzen
kann. Durch dies neugeschaffene Beamtenheer, dergleichen man sonst in
christlichen Staaten noch nie gekannt hatte, übte Philipp die vollkom-
menste Gewalt über sein ganzes Volk. Diese gelehrten Beamten waren
es, die für ihn redeten, für ihn zur Feder griffen, und in gewandter
und überzeugender Darlegung die Rechte des Königthums dem Papst
und der Geistlichkeit gegenüber verfochten, die Nothwendigkeit der staat-
lichen Einheit und des unterthänigen Gehorsams hervorhoben, eben so
aber auch den Bonifacius als ein Ketzer, die Tempelherren, nach
deren Reichthümern der König lüstern war und die er schändlich umge-
bracht hat, als greuliche Lästerer und Götzendiener dem Volke vormalen
mußten. Treue und Glauben ist in diesem Königreich längst dahin,
von Religion, von den allgemeinen Interessen der gesammten Christen-
heit ist nicht mehr die Rede, an ein väterlich vertrauendes Verhältniß
des Königs zu seinen Unterthanen ist nicht zu denken — überall der
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T99: [Frankreich Loire Stadt Rhone Gebirge Pyrenäen Paris Meer Garonne Lyon]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder]]
Extrahierte Personennamen: Guyenne Philipp_Iv Philipp Philipp Philipp
Extrahierte Ortsnamen: Frankreichs Flandern Burgund Toulouse Toulouse Frankreich
404 Hi. §. 7. Das Königreich Jerusalem und der dritte Kreuzzug.
den Kaiser Friedrich zu solcher Demüthigung getrieben habe. Man
möchte ferner sagen, daß eben nur die wundersame Gliederung des
deutschen Reichs, wo die hohen Geistlichen zugleich hohe reichsfürstliche
Ehren und Güter besaßen, solche Erfolge des Papstes möglich machten,
daß dagegen in anderen fester geschlossenen königlichen Landen der
Papst nimmermehr es hätte wagen dürfen, mit Bann und Jnterdict zu
drohen, ohne sofort von der gesammten Geistlichkeit des Königreichs, als
gehorsamen Unterthanen ihres Königs, in seine Schranken zurückgewiesen
zu werden. Dem war keineswegs so. Auch gegen die Könige von Frank-
reich hatten schon früher die Päpste mit durchgreifendem Nachdruck
den Bann geschleudert und ihren Willen durchgesetzt. Und eben setzt erwies
sich die über die ganze Christenheit hin reichende, Alles überwältigende
Macht der Päpste auf's Klärlichste in einem Streit, den Papst Aleran-
d er Iii. mit dem König von England hatte. Dieser, H einrich Ii., aus
normannischem Blut entsprossen, war fürwahr kein schwacher, nachgiebi-
ger, gutmüthiger Fürst, sondern kühn, stolz, herrschsüchtig, eigensinnig und
hatte schon lange daran gearbeitet, die übergroße Macht der Kirche und der
Geistlichkeit in seinem Lande zu brechen. Um seinen Zweck desto sicherer
zu erreichen, hatte er seinen vertranten Kanzler, Thomas Decket,
zum Primas von England, zum Erzbischof von Canterbury gemacht.
Aber die neue geistliche Würde hatte diesen Mann völlig umgewandelt.
Aus einem eifrigen Verfechter der königlichen Gewalt ward er ein zäher
Eiferer für die kirchlichen Rechte. Da kam es bald zum gewaltsamen
Zusammenstoß. Decket mußte fliehen, kehrte wieder und ward 1170
von Dienstleuten des Königs an heiliger Stätte ermordet. Darüber
that Papst Alerander Iii. den König in den Bann, belegte ganz
England mit dem Jnterdict; und so gewaltig wirkten diese päpstlichen
Strafmittel, so unwiderstehlich war der Einfluß der kirchlichen Stim-
mung , daß der stolze König der allgemeinen Forderung seines Volks,
ja der ganzen Christenheit nachgeben, selber an dem Grabe des Er-
mordeten reumüthig Kirchenbuße thun, alle Forderungen des Papstes
erfüllen, ja um nur vom Banne loszukommen, sich und seinem Lande
noch schwerere kirchliche Lasten und päpstliche Eingriffe gefallen lassen
mußte, als es je im deutschen Reiche der Fall war.
§. 7. Das Königreich Jerusalem und der dritte Kreuzzug.
Im gelobten Lande, an den heiligen Statten der Christenheit, in
der Gottesstadt Jerusalem, so hatten die Christen des Mittelalters
gedacht, werde jeder gläubige Pilgrim, jeder sein Leben für den Herrn
in die Schanze schlagende Kreuzfahrer sofort seiner Sünden los und
des eignen Heiles gewiß. In dem mit viel Schweiß und Blut den
Saraeenen abgerungenen christlichen Königreich Jerusalem, so meinten
sie weiter, würden alle christlichen Fürsten und Unterthanen mit ganz
besonderer Heiligungskrast angethan und man würde da nur Muster
christlicher Frömmigkeit finden. Aber des Herrn Reich ist nicht von
dieser Welt. Nicht der Ort und die Umgebung, nicht die Form und
TM Hauptwörter (50): [T42: [Papst Kaiser König Rom Heinrich Italien Karl Kirche Bischof Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T56: [Papst Kaiser Rom Heinrich König Kirche Gregor Bischof Italien Papste], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche]]
TM Hauptwörter (200): [T77: [Papst Bischof Kaiser Rom Kirche König Heinrich Erzbischof Gregor Papste], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T158: [Papst Kaiser Iii Vii Gregor Heinrich Rom Friedrich Italien Jahr], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Thomas_Decket von_Canterbury
Extrahierte Ortsnamen: Jerusalem Frank- England England England Jerusalem Jerusalem Jerusalem
Xxii. §. 8. Die neue Staatskunst der luxemburgischen Kaiser. 4o1
Rathhäuser, die kühnen Thore und Thürme, die öffentlichen Gebäude
mit ihrem überreichen Schnitzwerk und ihren vielbewunderten Kunst-
schätzen mannigfacher Art. Kurz, in den Städten entfaltete sich theils
unter dem Schutze einsichtiger Fürsten, größtentheils aber in völligster
Freiheit jener ganze Wunderbau germanischen Bürgerthums, der
unser deutsches Volk weit über alle anderen Völker erhoben hat.
Es ist leicht begreiflich, daß bei solchem Neichthum innern Lebens
das deutsche Volk sich nicht sehr um die Abwesenheit oder Schwäche
der Kaisermacht bekümmerte. Wenn auch die Fürsten oder einzelne
Corporationen, welche durch übermächtige Gegner Noth litten, die Her-
stellung eines kräftigen kaiserlichen Regimentes wünschten und auch
einmal den Versuch machten, an des „faulen" Wenzel Stelle einen
andern, thätigern Fürsten, den Ruprecht von der Pfalz zum Kai-
ser zu erheben (1400—1410), so blieb doch das Volk im Ganzen von
diesem Wechsel unberührt. Früher würde doch wenigstens ein Kampf
zwischen den beiden Gegenkaisern und ihren Anhängern entstanden sein;
jetzt fiel es fast Niemandem ein, sich entweder für den Wenzel oder
den Ruprecht zu entscheiden und Partei zu nehmen. Man kümmerte
sich um den Einen so wenig, wie um den Andern. Selbst als Wen-
zel mehrere Male in die Gefangenschaft seines eignen Bruders Sieg-
mund gerieth, griffen die deutschen Reichsfürsten nicht ein, wenig-
stens nicht in kräftiger und entscheidender Weise. Was die Luxemburger
im Innern ihrer Erbländer thaten, das ging ja, so war die Stim-
mung, keinen der deutschen Fürsten etwas an. Und doch war ihre
Wirksamkeit in jenen östlichen Gebieten Deutschlands von der größten
Wichtigkeit und Bedeutung. Sie haben diese slavischen Länder erst
eigentlich für Deutschland erobert, zu vorwiegend deutschen Län-
dern gemacht. So wenig Karl Iv. für Deutschland gethan hat, so
thätig und einsichtig sorgte er für sein liebes Böhmen. Da wußte er
vor allen Dingen die öffentliche Sicherheit und die Gerechtigkeitspstege
wieder herzustellen, da war er unablässig beschäftigt, Wege zu bahnen,
Brücken und Straßen anzulegen, Flüsse schiffbar zu machen, den Land-
bau, Handel und Gewerbe zu beleben. Deutsche Ansiedler zog er in's
Land, begünstigte ihre Sprache, ihre Gesetze, ihre Sitten, ihre betrieb-
samen Unternehmungen. Gelehrte und Künstler fanden an seinem
Hofe ehrenvolle Aufnahme. Die böhmischen Städte strahlten von
Prachtbauten, Kirchen und Palästen, die er aufführen ließ, in Prag er-
richtete er (1348) eine Universität, neben Heidelberg die erste in Deutsch-
land. Und wie für Böhmen, so sorgte er mit gleichem Eifer für
Schlesien, für die Lausitz, für Brandenburg, denn alle diese weiten
Landschaften hatte er theils durch Heirath, theils durch Erbvertrag oder
Ankauf zu seinem Böhmen und Mähren hinzugezogen, so daß sich sein
Erbreich im Osten Deutschlands fast von der Donau bis zur Ostsee
erstreckte. Viel von dem, was dieser thätige und geistreiche Fürst, der
leider nach seiner welschen Art nur zu sehr den „materiellen Interessen"
dienstbar war, für das Wohl seiner Länder gegründet und aufgebaut,
29*
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T7: [König Kaiser Rudolf Friedrich Sohn Böhmen Haus Karl Ludwig Albrecht], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf]]
TM Hauptwörter (200): [T18: [Mark Brandenburg Land Albrecht Friedrich Kaiser Jahr Markgraf Haus Markgrafe], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T188: [Handel Industrie Ackerbau Land Viehzucht Bewohner Gewerbe Bevölkerung Stadt Bergbau], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind]]
Extrahierte Personennamen: Wenzel Karl_Iv Karl
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Deutschland Deutschland Prag Heidelberg Deutsch- Brandenburg Deutschlands Donau Ostsee
554 Xxiv. §. 10. Ausgang deö dreißigjährigen Krieges.
hielt, daß Frankreich fast das ganze Elsaß von Deutschland losriß, daß
die Niederlande und die Schweiz jetzt förmlich als selbständige, vom
deutschen Reichskörper abgelöste Staaten anerkannt wurden, sondern
das war das Jammervollste, 1) daß die Franzosen von jetzt an in allen
deutschen Angelegenheiten das Recht hatten und sich noch mehr an-
maßten, mitzusprechen und jeden Augenblick mit ihrer welschen Treu-
losigkeit die deutsche Ehrlichkeit zu verhöhnen; 2) daß die kaiserliche
Gewalt in Deutschland so gut wie aufgehoben, die sämmtlichen Fürsten
und Städte nur noch durch ein ganz loses Band zusammengehalten
wurden, und zwar mit der Erlaubniß, daß sich jeder nach seinem Ge-
fallen an auswärtige Staaten (natürlich recht viele an Frankreich) an-
schließen dürfte. So zerstückelt, so schmählich bevormundet ging
Deutschland aus diesem jammervollen Kriege hervor. Und wenn man
sich nun umschaute in den einst so reichen, so blühenden, so wohlbevöl-
kerten deutschen Gebieten, da sah man fast aller Orten Nichts als gänz-
lich verödete, entvölkerte, fast wieder zur Wildniß herabgesunkene
Strecken, voll zerstörter Burgen, Dörfer, Städte, ohne Vieh, ohne
Korn, ohne Häuser, ohne Geräth, ohne Geld, ohne Menschen. Was
aber von Menschen da war, das war wie verwildert, wie versunken,
w ie tief geistig und leiblich heruntergebracht durch das unglaubliche
Elend! Wohl ist es nicht zu leugnen, daß unter Kaiser Ferdin and Iii.
Krieg und Politik gleich schlecht verwaltet wurden, und daß seinem
Ungeschick trotz seines guten Willens der jämmerliche Ausgang des
ganzen Trauerspiels zum großen Theil zuzuschreiben ist. Oder sollte
es ihm wirklich nicht möglich gewesen sein, sämmtliche Kräfte des deut-
schen Reichs um sich zu sammeln und die.fremden herauszuschlagen,
wenn er es nur versucht hätte? Sollten wirklich keine geschickteren Heer-
führer zu finden gewesen sein, als die, welche nach Wallenstein's
Tode die kaiserlichen Truppen führten? Sollte sich wirklich durch ge-
wandte und nachdrückliche Unterhandlungen mit den Nachbarstaaten
nicht mehr haben erreichen lassen, als in Münster und Osnabrück 1648
erreicht ist? Und wenn doch wenigstens gleich damals, als die Frie-
densunterhandlungen begannen, schon 1642 ein Waffenstillstand abge-
schlossen wäre, wie ihn die Schweden auch anboten. Aber zum höch-
sten Vergnügen der Franzosen wollte sich Ferdinand nicht dazu
verstehen, meinte immer noch Vortheile erfechten zu können, während
doch ein Nachtheil den andern jagte, und das unglückliche Volk und-
Land noch sechs Jahre lang unter der Geißel des entsetzlichen Krieges
seufzen mußte. Da fühlten auch die Fürsten, so treu sie sonst dem Kaiser
anhangen mochten, daß sie von ihm keinerlei Schutz, sondern nur eine
Verlängerung ihrer Leiden zu erwarten hätten. Sie mußten sich ent-
schließen , selber für ihre Unterthanen zu sorgen, so gut sie konnten,
und schlossen deshalb mit den Feinden Sonderverträge, um wenigstens
ihr eignes Land vor den zügellosen Kriegeshorden sicher zu stellen.
So that Sachsen 1645, so hatte auch Bayern 1647 gethan, ohne doch
dadurch die letzten Kriegesgreuel von seinem Lande abwenden zu kön-
nen. So hat auch der Kurfürst von Brandenburg gethan, und zwar
als der Allererste, und hier geht unseren unmuthigen und niedergeschla-
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T182: [Krieg Jahr Zeit Land Deutschland Regierung Frankreich Volk Folge Revolution], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze], T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T176: [Frankreich England Rußland Deutschland Preußen Krieg Italien Spanien Schweden Holland]]
Extrahierte Personennamen: Ferdinand Ferdinand
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Deutschland Niederlande Deutschland Frankreich Deutschland Schweden Sachsen Brandenburg
ß04 Xxv. §. 8. Napoleon, die Geißel Gottes über die Welt.
sich die Kaiserkrone aufsetzen möchte. Er that's 1804— Fortan
ward der Name Republik mißfällig. Alle die Republiken in Italien,
Schweiz und Holland, auch die Napoleon selber gestiftet, mußten
eilends dieselbe Wandlung durchmachen, wie die große republikanische
Mutter und Herrscherin Frankreich sie eben durchgemacht hatte.
Sie wurden Königreiche unter der Oberhoheit Napoleon's. Denn
obwohl in allen anderen Fällen das Königthum eine unerträgliche
Knechtschaft ist, sagte Napoleon, so ist es doch eine Segnung für
die Völker, wenn ich selber die Königskrone aufsetze, oder sie meinen
Brüdern, Vettern und Freunden gebe, denn ich, Napoleon, der
Einzige, der Unvergleichliche, der Hort der Freiheit, das Heil der
Völker, ich bin ja Bürgschaft genug gegen jeglichen Mißbrauch. Und
so verschenkte er denn die Königskronen wie Nüsie. Seinen Bruder
Louis (Vater des jetzigen Napoleon) machte er zum König von Hol-
land, Joseph zum König von Neapel, nicht lange nachher seinen Bru-
der Hieronymus zum König von Westphalen. Die italienische Kö-
nigskrone behielt er selber, und sein Stiefsohn Eugen ward Vice-
könig. Seinen Schwager Murat machte er zum Großherzog von
Berg, den General Bert hi er zum Herzog von Neufchatel, seine
übrigen Schwäger zu Herzögen von Parma und Lucca, unter seine
ausgezeichnetsten Generäle vertheilte er das venetianische Gebiet. Wer
kein Land bekam, bekam doch seine Titel, Orden und Ehren, ein glän-
zender Kreis von Herzögen, Prinzen, Grafen, Marschällen, Marquis,
Großoffizieren und Großwürdenträgern umgab den Kaiser, wie Sterne
die Sonne. Wo waren die Zeiten hin, da jeder Adelsrang und Titel
als todeswürdiges Verbrechen geahnt wurde? Und doch war der Unter-
schied nicht so bedeutend. Obwohl jetzt statt der damals einzig gelten-
den allgemeinen Anrede „Bürger" alle möglichen Rangabstufungen
wiedergestellt waren, so herrschte doch auch jetzt wie damals eine
wirkliche Gleichheit, nämlich die Gleichheit der Furcht und der Knecht-
schaft. Selbst seine Brüder, die Könige, mußten sich als elende
Geschöpfe seiner Laune von ihm mißhandeln lassen! Nicht einmal die
allergewöhnlichsten Formen des Anstandes und der Höflichkeit beob-
achtete er gegen sie. Der eine von ihnen, Louis, der, wie es scheint,
noch etwas menschliches Gefühl hatte, mußte seine Königswürde nie-
derlegen, als er es wagte, wirklich einmal für das Wohl des ihm an-
vertrauten Volkes sorgen zu wollen. Und wie mußte sich der arme
Joseph hierhin und dorthin schicken lassen! Erst hatte er den Nea-
politanern angekündigt: „Se. Majestät, der Kaiser, hat mir befohlen,
König von Neapel zu sein." Dann wieder mußte er Neapel an
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
TM Hauptwörter (100): [T96: [Ludwig Karl König Frankreich Kaiser Xiv Napoleon Krieg Franz Italien], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T41: [Staat Recht Volk Adel König Land Verfassung Gesetz Stand Verwaltung], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T177: [Volk Recht Gesetz Freiheit Land Strafe Mensch Gewalt Leben Staat], T16: [König Heinrich Karl Frankreich Neapel Sohn England Philipp Herzog Bruder], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T197: [Italien Mailand Stadt Rom Venedig Neapel Republik Kaiser Genua Sardinie]]
Extrahierte Personennamen: Napoleon Napoleon Napoleon Napoleon Louis_( Napoleon Joseph Eugen Eugen Murat Bert Neufchatel Louis Joseph
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Italien Holland Frankreich Neapel Westphalen Berg Lucca Neapel Neapel